AUTORIN ANNABELLE BRUCKNER

Montag, 11. Januar 2010

Im Dunkel der Nacht

Verlaß mich nicht

wenn Finsternis mich zu verschlingen droht.

Wenn ich den Tag

nicht von der Nacht mehr unterscheiden kann.

Die Sonne meines Lebens nicht mehr scheint.

Hilf mir

die grauen Tage zu vergessen.

Die Angst, in der die Seele mich gefangen hält.

Gefühle leer und sinnlos enden

und Traurigkeit in einem Meer aus Tränen strömt.

Zeig mir den Weg

wo Licht und Schatten sich begegnen.

Laß mich nicht allein

wenn im Dunkel der Nacht die Trauer mich gefangen hält.

Dann weiß ich, du wirst schweigend bei mir sein.

Nur einmal noch die Liebe, deine Stärke spüren

und die Geborgenheit, die ich in deinem Armen fühlte.

Gib mir die Hand -

nur mit dir will ich leben.

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Über meine Arbeiten

Jetzt möchte ich etwas zu meiner Arbeit sagen. Schreiben ist Passion, man kann es erlernen oder bekommt es in „die Wiege gelegt“, wie es so schön heißt. Bei mir ist Letzteres der Fall. Gefragt sind vor allem meine Gedichte, vorwiegend Lyrik, von denen viele bereits veröffentlicht wurden, z.B. im Heimatkalender, „Unser Land“ der in Form eines Taschenbuches jedes Jahr im Neckartal, Odenwald und Kraichgau erscheint. Dort werden auch Kurzgeschichten von mir veröffentlicht. Seit 8 Jahren zähle ich zu den anerkannten Autorinnen der „Brentano-Gesellschaft“ in Frankfurt, die Mitglied des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter Goethe Museum und Mitglied der Goethe-Gesellschaft in Weimar ist. Die Frankfurter Bibliothek gehört zu den am meisten verbreiteten Lyrikveröffentlichungen der letzten Jahrzehnte. Meine lyrischen Gedichte, wurden und werden in den weltweit bedeutendsten Bibliotheken eingestellt, z.B. in der Wiener Staatsbibliothek, in der Schweizer Nationalbibliothek, in der Französischen Nationalbibliothek und in der National Library of Congress in Washington. Mit meinen lustigen „Dackelgeschichten“ hatte ich ein Interview im WDR-Radio in Köln. Im „Schielbock“ findet man Geschichten zweier Mädchen in der Nachkriegszeit, von denen etliche veröffentlicht wurden. Mein bisher „größtes“ Werk „Italiens Uhren schlagen anders“ befindet sich noch in Arbeit, für das ich noch einen seriösen Verlag suche. Es ist sehr umfangreich und erzählt die Geschichte zweier „Auswanderer“, die bis jetzt das Leben in Italien durchgehalten haben. Es beinhaltet aber auch interessante Geschichten, die sich in früherer und heutiger Zeit ereignet haben. Auszüge von allen meinen Arbeiten können sie im Anschluß lesen.

Die "alte" Geschichte von Montefollonico, das nun meine "neue" Heimat ist

Montefollonico (575 m Meereshöhe) ist eine kleine mittelalterliche Ortschaft, die im Zuge der Rivalitäten zwischen den Republiken von Siena und Florenz entstanden ist. Tatsächlich wurde das Dorf wie eine starke sienesische Hochburg errichtet, im Gegensatz zum florentinischen Montepulciano. Die ersten Nachrichten sagen aus, daß diese Gegend bereits zur Zeit der Neandertaler (vor ca. 60.000 Jahren) erstmals besiedelt war, was anhand von Steinwerkzeugen in dem Gebiet "Il Tondo" - der Kreis (eine genaue Beschreibung erfolgt noch), heute eine öffentliche Anlage, bewiesen werden konnte.

Im weiteren Verlauf der Geschichte, kommt es 715 zu einem Streit um den Besitzanspruch der Pfarrei Pieve di San Valentino. Die Geschichte des Dorfes fing im XIII Jahrhundert an, als einige Zisterziensermönche die Pfarrei Pieve di San Leonardo gründeten. Ihre Haupttätigkeit bestand aus dem Walken der Wolle (follatura) und darum gaben sie dem Dorf den Namen: Mons a Fullonica. Nach wechselnden Geschichten, wurde Montefollonico in das Erzherzogtum der Toskana eingegliedert.

Einst war der Name des Dorfes Monte a Follonica. Die alten Römer nannten die Leute, die Wollstoffe verarbeiteten Fullones und Monte Fullonico besagte, daß es ein Arbeitsplatz der Wollstoffe war. Die wichtigste Aufgabe zur Verarbeitung von Wollstoffen war das Walken, das unter Schlagen von schweren Knüppeln in einer Wassermühle erfolgte. Deshalb war es erforderlich, eine Werkstatt in der Nähe eines Baches zu errichten. So kann man davon ausgehen, daß die Arbeit nicht auf dem Hügel, wo heute das Dorf ist, verrichtet wurde, sondern weiter unten in einem Tal, wo die Ruinen der alten Benediktiner-Abtei Santa Maria de Folonico sind. Dort fließt tatsächlich der Bach Salarco, dessen Wasser für die Bearbeitung notwendig war.

Das Zentrum des Dorfes entwickelte sich im XII - XIII Jahrhundert und verdrängte die ursprüngliche Herrschaft der umliegenden Dörfer: Orsina, Oppiano, Feroniano (heute "Fattoria Frignano") und die Kirche San Valentino.

Die erste geschichtliche Urkunde, die den Namen Montefollonico erwähnt, stammt aus dem Jahre 1202, als die Sieneser die Entsendung von bewaffneten Truppen zusagten, um die Einwohner in der Burg des Dorfes gegen die Angriffe der "poliziani" zu verteidigen. (Anm.: "poliziani" sind keine toskanischen Polizisten, sondern Einwohner des einst römischen Mons Politianus - heute Montepulciano.

Vor Jahrhunderten gehörte das Gebiet von Montefollonico der mächtigen Familie Ardinughi und sie wählten genau diesen Ort, weil er hoch lag und gut zu verteidigen war, um einen Palast zu bauen, aber auch Häuser für Knechte und Handwerker.

Darüber hinaus besaßen die Mönche der Abtei ein Curtis (Anm.: lateinisch "curtis" - "curia" früher für größere Höfe) in Frignano. Zwischen ihnen und den Herren der mächtigen Ardinughi wurde ein Abkommen getroffen und immer mehr Leute zum Arbeiten in die Curtis geschickt, so daß sich der Besitz erheblich vergrößerte. Jeder Beschäftigte erhielt einen Nachweis seiner ausgeführten Arbeiten und konnte als Entgelt einen Teil der Produkte behalten. Diejenigen, die unabhängig bleiben wollten, mußten Gebühren bezahlen für die Benutzung der Ölpresse und den Ofen der Mühle und einen Teil ihrer Produkte an die Curtis abliefern.

Wo vor Jahrhunderten das Bauernhaus Fullonica stand, erhob sich nun die Burg mit dem Namen "Monte a Follonica". Im April 1229 begannen harte und lange Schlachten gegen die "Poliziani", "Orvietani" und Senesi" (Volksbezeichnung). Sie schlugen sich oft mit grauenhaften Waffen (kochend heißes Öl, Pech und griechisches Feuer) unter den Mauern der Befestigung von Montefollonico. Man nimmt an, daß im Jahre 1300 wieder neue Befestigungsanlagen errichtet wurden, wie sie noch heute zu sehen sind.

Anmerkungen zum "Schielbock"

"Schielbock", so nannten mich die Jungs in der Schule und ich mußte leiden. Dabei war ich, wie man sehen kann, mit normalen Augen zur Welt gekommen. Im Alter von 3 Jahren, fing ich an zu schielen und kein Arzt konnte die Ursache feststellen. Das Problem der "Jungs" erledigte sich schnell, als mein Vater einen über die Friedhofsmauer "geschlagen" hatte. Da war aber noch der Klassenlehrer und den konnte Papa nicht zusammenschlagen. Seinen Schikanen war ich weiterhin ausgeliefert. Nicht nur ich, sondern die gesamte Familie, mußte viel erdulden in den 7 Jahren unseres Aufenthaltes, denn wir waren in dem kleinen Dorf die "Ausländer", die "Eindringlinge" und nicht gut gelitten bei den Dorfbewohnern, selbst Opa und seine neue Frau behandelten uns wie "Aussätzige". Meine Schwester und ich hatten aber auch viel Spaß. Wir hatten vor allem die Liebe der Eltern, die Verbundenheit zur Natur und die Ehrfurcht vor den Tieren. Hier sind einige Auszüge zweier Räuber, die oft mit ihren Streichen das Dorf auf den Kopf stellten.

Saubere Wohnung...

...Seit vielen Wochen hatten wir Vater aufgrund seiner auswärtigen Tätigkeit nicht mehr zu Gesicht bekommen, den Staubsaugervertreter dagegen umso öfter. Die Aktion "saubere Wohnung" überzeugte meine Mutter so nachhaltig, dass sie sich einen Staubsauger andrehen ließ. Weshalb sie das Monstrum überhaupt gekauft hatte, war mir schleierhaft, wo es doch in der ganzen Wohnung nicht einen einzigen Teppich gab...
Das hinderte Mutter keineswegs, den ganzen Tag zu saugen, was den "Pomaden-Typ" zu regelmäßigen Besuchen anspornte. Ich war längst dahinter gekommen, dass es nichts mit dem Staubsauger zu tun hatte, aber er kannte meine Mutter nicht...

Schwimmunterricht...

...Die Schule brachte permanent neue Probleme, oder besser gesagt Schikanen. Seit einiger Zeit hatten wir zwecks körperlicher Ertüchtigung Schwimmunterricht...
Als ich trotz der Strapazen einigermaßen schwimmen konnte, fiel der Lehrerin eine neue Teufelei ein, das Sprungbrett. Gott sei Dank war es nur 1 m hoch und sie feuerte ihre "Truppe" mit Händeklatschen und "hopp, hopp, hopp" an und ab ins Becken...
Dann entdeckte unsere ehrgeizige Sportskanone das 3 m Brett für Selbstmord-Kandidaten und war nicht mehr zu bremsen. Ich stellte mich als Letzte hinten an, was aufgrund meiner Größe nicht weiter auffiel. Als ich an die Reihe kam, nahm ich all meinen Mut zusammen und schaute nach unten...
Da ich meinem Leben kein vorzeitiges Ende sezten wollte, stieg ich blitzschnell nach unten und versteckte mich in der Toilette...

Handarbeit...

...Handarbeiten waren mir von Anfang an verhasst. Meine Bemühungen, mich fehlerlos in die Materie einzuarbeiten, scheiterten kläglich und endeten stets im Chaos. Topflappen, die keiner meiner Mitschülerinnen Kopfzerbrechen bereiteten, waren bei mir ein Werk abstrakter Kunst und aufgrund ihrer Größe bestenfalls für eine Puppenstube geeignet.
Bei Stickarbeiten sah man überall Kreuzchen, nur nicht da, wo sie eigentlich hingehörten, von der Rückseite, die ein einziges Gewirr aus Fäden darstellte, garnicht zu reden. Die Schürze war der absolute Renner und ging in die Handarbeitsgeschichte ein und als die Socken an die Reihe kamen, wünschte ich mir sehnlichst eine Krankheit. Mit zwei Stricknadeln zu arbeiten, war bereits ein Abenteuer, aber mit vier? Am liebsten hätte ich meine Lehrerin damit erstochen...

Zahnarzt...

...Von heute auf morgen bekam ich fürchterliche Zahnschmerzen. Ich war noch nie bei einem Zahnarzt, folglich bekam ich Angstzustände, sobald mein Mutter mich drängte, ihn aufzusuchen....
Mutter begleitete mich, aber als sie das überfüllte Wartezimmer sah, ließ sie mich sitzen und ging nach Hause. Aufgeregt rutschte ich auf dem Stuhl hin und her, zumal hin und wieder ein Aufschrei aus dem Untersuchungsraum alle zusammenzucken ließ...
Die Anzahl der Leute im Wartezimmer verringerte sich zusehends, plötzlich war ich allein. Die Gelegenheit zur Flucht schien günstig. Ich rannte zur Tür, aber sie ließ sich nicht öffnen. Ein Knauf, anstatt einer Klinke, so etwas hatte ich noch nie gesehen...
Ich rannte zum Fenster, das sich Gott sei Dank öffnen ließ und sah nach unten. Erster Stock, das konnte ich Dank meinem Training für die Leichtathletik-Meisterschaften schaffen. Als sich die Tür der Praxis öffnete, sprang ich. Leicht benommen, machte ich mich rasch auf den Heimweg, immer auf der Hut nach möglichen Verfolgern....

Flegeljahre...

...Durfte man Mutter Glauben schenken, hatten wir momentan die Flegeljahre erreicht. Vater war ganz anderer Ansicht; seiner Meinung nach, wurden wir bereits mit diesem "Makel" geboren. Die Strafpredigten erfolgten häufiger und es gab immer weniger Kochlöffel im Haus, weil Mutter, um sich Respekt zu verschaffen, die meisten bereits am Tisch zertrümmert hatte. Uns standen Tränen in den Augen vor Lachen, wenn Mutter wütend wurde. Dann bog auch sie sich vor Lachen und fuhr mit dem Zug nach Mannheim, um sich ein neues Sortiment Kochlöffel zuzulegen. Ich glaube, das war der Grund, denn die Zerstörten wiesen stets enorme Abnutzungserscheinungen auf...

Schule schwänzen...

...Meine Schwester schien in letzter Zeit den Unterricht, zumindest was das Fach "Naturgeschichte" anging, sehr locker zu nehmen. Bevor er überhaupt begann, zog sie es vor, mit ihrer Freundin zu verschwinden. Meiner Mutter erzählte sie stets, die Stunde wäre ausgefallen. Zu dieser Zeit gab es keine "ausgefallenen" Stunden, weil dann eine andere Lehrkraft den Unterricht übernahm, aber Mutter nahm ihr das ab, bis eine weitere Freundin auftauchte. Sie erzählte die "wahre" Geschichte und Mutter begab sich umgehend und sehr böse auf den Weg zur Schule. Dort traf sie mit dem unterrichtenden Lehrer zusammen, der sich äußerst nett und höflich gab. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, daß er, wie meine Mutter, ebenfalls in Prag geboren war. Meine Schwester war Klassenbeste und langweilte sich in der Schule, das war der Grund. Sie war der Meinung, bei den Jungs da draußen wäre Unterricht viel schöner...

Sportskanone...

...Ich bildete mir ein, die Zeitdifferenz durch schnelleres Fahren wettzumachen. Infolge der Geschwindigkeitserhöhung, hatte ich den Bordstein übersehen. Ein dynamischer Looping, bereitete meiner Fahrt ein jähes Ende. Mutters Geschrei, die alles beobachtet hatte, scheuchte die Nachbarschaft auf die Straße, auch den jugendlichen Trinker von nebenan. Als wären die Verletzungen nicht schon schlimm genug, bekam ich beim Betrachten des Rollers feuchte Augen, er hatte keinen Lenker mehr. Mutter fand ihn Gott sei Dank im Rasen. Die Zeit verrann, die Leihfrist längst überschritten. Entschlossen packte der junge Mann, mal ausnahmsweise "trocken", den Roller und verschwand im Keller. Ein Lötkolben leistete hervorragende Arbeit, mir fiel ein Zementblock vom Herzen. Ein Trugschluß, wie sich später noch herausstellen sollte, denn bei Abgabe des Rollers, hielt der Verleiher auf einmal den Lenker in der Hand...

Pferdeflüsterer...

...Ganz in unserer Nähe, befand sich eine Pferdekoppel, auf der ein einsamer Schimmel seine Runden drehte. Meine Rufe, schienen ihn nicht zu erreichen. Da ich ihn geschlechtlich nicht einordnen konnte, nannte ich ihn "Liesel" und das schien ihm zu gefallen, denn nun kam er an den Zaun, an dem ich ihm mit einem großen Stock etwas Feuer unter den Hintern machte. Erst fand er das Spiel noch aufregend, aber als ich ihn, aufgrund seiner furchtbaren Blähungen nur noch "Furz-Liesel" nannte, sprang er plötzlich über den Zaun und rannte hinter mir her. Ich hatte mit dem Leben abgeschlossen, als Vater aus dem Nichts auftauchte. Seine Befähigung zum "Pferdeflüsterer" erschien mir als ein Geschenk des Himmels. Später sollte sich herausstellen, dass der Schimmel zahm und völlig harmlos war...

Bergpredigt...

...Als fleißige Kirchgängerin, studierte ich jeden Sonntag den Pfarrer und seine Zeremonien. Bald stand für mich fest, dieses Amt wollte ich eines Tages ausüben. Gründliche Vorarbeit konnte nichts schaden, also zog ich durch die Felder, bis ich endlich einen geeigneten Platz gefunden hatte. Ein kleiner Hügel ersetzte die Kanzel, die Kohlköpfe waren meine Gemeinde. Ich hielt eine "zündende" Predigt über die Armut der Menschen, über Lehrer, denen es Spaß bereitete, die Kinder zu züchtigen und vor allem über mein eigenes Leid, ein "Schielbock" zu sein. Als mir der Stoff ausgegangen war, begann ich mit der Kollekte, für die ich eigens einen Korb mitgebracht hatte, indem die Erdklumpen immer schwerer wurden, bis ich aufgeben mußte. Erst da sah ich ein "echtes" Mitglied der Kirche stehen...es war mein Vater...

Gefährliche Forelle...

...Meine Einstellung zu Vater änderte sich abrupt, als ich in Todesgefahr schwebte. Meine Schwester und ich aßen zum ersten Mal in unserem Leben Fisch. Wo Vater ihn aufgestöbert hatte, entzog sich meiner Kenntnis. In dem Rinnsal, das durch Epfenbach floß, hätte keine Forelle eine Überlebenschance gehabt. Während ich gierig und in großen Brocken die Spezialität verschlang, nahm das Unheil seinen Anfang. Eine große Gräte blieb mir buchstäblich im Halse stecken. Der strafende Blick meines Vaters half auch nichts, denn mittlerweile bestand Erstickungsgefahr. Erst jetzt erkannte er den Ernst der Lage, riss mich vom Stuhl, nahm mit einer Hand meine Beine nach oben und mit der anderen griff er mir tief in den Schlund und holte die Gräte heraus. Das Finale hatte ich verpasst, es endete, indem ich die Besinnung verlor...

Pastors Sohn...

...Auf diesem riesigen Gelände konnten wir nach Herzenslust "die Sau rauslassen". Jeder hatte ein eigenes Zimmer, sein eigenes Bett. Ich genoss diesen Luxus in vollen Zügen. Bisweilen konnte ich vor Aufregung nicht schlafen und irgendwie kam auch ein bisschen Einsamkeit dazu. So auch in jener Nacht, als sich ein vermeintliches Gespenst in das Zimmer schlich. Voll Entsetzen beobachtete ich die Gestalt, die sich auf leisen Sohlen meinem Bett näherte und mir in die Augen sah. Erst da erkannte ich den Sohn des Pastors und ein Aufatmen ging durch den Raum. Doch ehe ich etwas sagen konnte, schlüpfte er unter meine Decke, um sich seine kalten Füße an meinem Körper zu wärmen...

Weihnachtskerzen...

...Vater lief hinter mir her, stets darauf bedacht, die Familie zusammenzuhalten. Die "Dörfler" waren permanent den Gefahren der Großstadt ausgesetzt, zumindest was uns Kinder betraf. Wir liefen von einer Abteilung zur anderen, bekamen große Augen über das vielfältige Angebot an Waren. Plötzlich entdeckte ich den Stand mit Kerzen. Etliche der schönen Exemplare, lagen unter dem Tisch. In einem unbeobachteten Moment bückte ich mich blitzschnell, stopfte möglichst viele in die Manteltaschen. Die Ausbuchtungen auf beiden Seiten, blieben Vater nicht verborgen und er wurde stutzig. Eine gründliche Leibesvisitation, war der Auftakt weihnachtlicher Vorfreude. Diebstahl musste durch ein "schlagendes" Argument bestraft werden und mit "brennenden" Wangen, statt mit Kerzen, brachte ich das angebliche "Diebesgut" zurück...

Geldbetrug...

...im Moment war Vater nicht ansprechbar. Er brauchte Geld, sehr viel Geld, um sich in die Firma einzukaufen. Er besaß noch sein Elternhaus in Oggersheim und der Verkauf war seit Opas Tod sowieso beschlossene Sache. Ein Polizist wollte das Haus kaufen, weil er seit Jahren dort als Mieter wohnte. Mein Onkel kam ohne Familie zu Besuch und sie waren sich einig, das "Erbe" so schnell wie möglich zu verkaufen. Vater war ständig unterwegs und führte Verhandlungen mit dem Bauunternehmer...
Arglos vertraute er einem Mann, der schamlos seine Lage auszunutzen bestand, dachte nie daran, die undurchsichtigen Machenschaften dieses Gauners zu überprüfen. Er steckte sein gesamtes Geld in eine Firma, die bereits bankrott war. Vaters Sorglosigkeit hatte uns auf Jahre hinaus ruiniert...

Schlagender Stock...

...Angst verspürte ich keine. In meiner kindlichen Phantasie bestand der Unterricht lediglich aus zwei Fächern, nämlich Lesen und Schreiben und das hatte Vater mir schon beigebracht. So gesehen, gab es keinen Grund, der Schule fernzubleiben. Trotz allem, beneidete ich meine Schwester, ein weiteres Jahr in Freiheit zu verbringen. Am ersten Schultag, hätte ich am liebsten gleich die Flucht ergriffen. Der Klassenlehrer erinnerte mich an meinen Opa. Beide besaßen die unangenehme Eigenschaft, den Schlagstock einzusetzen. Ein Zeichen ihrer eigenen Hilflosigkeit, oder Demonstration der Machtposition gegenüber Schwächeren. Wie ein Dämon schien dieser Stock sich in mein Herz zu bohren. Wie sehr ich ihn zu fürchten hatte, erfuhr ich schon nach kurzer Zeit...

Sex-Unterricht...

Die Raumknappheit erwies sich als das weitaus größere Problem, vor allem bei Nacht. Meine Eltern schliefen auf dem engen Kanapee der Wohnstube, der Rest teilte sich das winzige Schlafzimmer mit nur 2 einzelnen Betten, die sich 4 Personen teilen mußten, in diesem Fall, 2 Erwachsene und wir Kinder und nun war auch noch die Verwandtschaft zu Besuch. Eines morgens, bemerkte ich beim Erwachen die "Blöße" meines Onkels. Ich war tief beeindruckt, was ich sah und bei Vater nie gesehen hatte. Er hielt stets alles fest im Griff, selbst in seiner Hose. Ich weckte unverzüglich meine Schwester, die so begeistert kicherte, dass alle munter wurden. Daraufhin verschwand das "Objekt der Begierde" hastig unter der Decke. Der erste Schritt zur Aufklärung des Sexual-Unterrichtes hatte unfreiwillig stattgefunden...

Weihnachtliches Phantom...

Wir durften auf keinen Fall mehr weggehen, Christkind konnte jeden Moment erscheinen. Die Glocke bimmelte, ein sicheres Zeichen dafür, dass der Festakt beginnen konnte. Wir betraten mit Mutter die festlich geschmückte Stube, enthusiastisch und skeptisch zugleich. Der Weihnachtsbaum füllte fast den gesamten Raum aus. Vielleicht lag das weniger am Baum, als an der Größe des Zimmers. Vater war verschollen, vermutlich auf der Suche nach dem Christkind. Plötzlich hörte man draußen auffällige Geräusche. Ich blickte aus dem Fenster und sah wie von Geisterhand einen Hut vorbeischweben. Gesichtslos schwebte er an mir vorüber. Mutter beschäftigte sich mit meiner Schwester, die vor Angst zusammenzuckte. Kurz darauf nahte auch schon das nächste Phantom im weißen Gewand und ohne Kopf. Der Hut, das Gewand, im ständigen Wechsel liefen sie am Fenster vorbei. Langsam wurde ich nervös. Endlich kam auch mein Vater und erzählte, er hätte draußen das Christkind gesehen. Ich war ihm sehr dankbar, dass er es nicht mitgebracht hatte...

Bewässerungs(gräben)r...

Langsam mußte mir etwas einfallen, womit ich meinem gestressten Vater imponieren konnte. Ich überlegte fieberhaft, etwas Vernünftiges war nicht dabei. Aus Langeweile schlenderte ich zum Friedhof. Trotz der schlechten Erinnerung an Opa, konnte es nicht schaden, seinem Grab einen Besuch abzustatten. Hatte ich mir gleich gedacht, dass die Pflanzen vom Absterben bedroht waren. Es musste so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden.
Kannen voll Wasser schleppte ich zum Grab. Am Ende sah es aus, als ob ein Unwetter herunter gegangen wäre. Nach kurzer Pause, überprüfte ich noch weitere Gräber auf den Grad der Trockenheit und mit grosser Begeisterung gelang es mir nach und nach, etliche Teile des Friedhofs zu fluten...

Affenhitze

Die Affenhitze gefällt mir überhaupt nicht. Den ganzen Tag zur Untätigkeit verdammt, puh... Ich verstecke mich hinter dem Sofa, bis die Herrschaften der Meinung sind, es wäre mal wieder an der Zeit, den für "Örtlichkeiten" bestimmten Park aufzusuchen. Sind die Temperaturen im Auto anfangs noch sehr angenehm, so stellt sich nach einer gewissen Fahrzeit die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, mich gleich in den Backofen zu setzen. Liege ich beim Einstieg noch hinter dem Sitz der Chefin, beginnt während der Fahrt die waghalsige Kletterei über den Schaltknüppel nach vorne in der Hoffnung, dort Kühle vorzufinden. Fehlanzeige! Unter dem langen Rock der Chefin, der wie ein Zelt über mir liegt, bekomme ich Atemnot. Es wird langsam Zeit, daß sie endlich mal ihr "Outfit" ändert. Endlich der Blechbüchse entronnen, schaue ich im Park nach, ob andere Hunde in meinem Revier vielleicht eine kleine Rauferei wünschen. Heute nicht! Dafür viele fremde Autos, die seltsame Gerüche verbreiten und Jogger, die wie Lokomotiven schnaufen. Meist wartet schon mein Freund "Spike", der Jack Russell, auf mich. Er ist ein wilder Feger und mit ihm zusammen lege ich den Titel "Lady" ab, zum Entsetzen der Herrschaften. Durch die Weizenfelder zu jagen, ist der größte Spaß, dann sehen sie mich nicht mehr, nur den Kopf von "Spike", aber sie wissen, wo mein Freund ist, bin auch nicht weit. Mit anderen Artgenossen hat er allerdings Probleme, sehr zum Leidwesen seines Frauchens. Er beißt alles, was ihm unter die Schnauze kommt und dann gibt es Ärger. Ich gehe allen anderen Hunden aus dem Weg, damit erst gar keine Konflikte aufkommen. Zuhause angekommen, habe ich keine Skrupel, den großen Wassertrog zu leeren. Irgendwann kommt es wieder in der Blase an und verursacht in der Küche eine Pfütze. Dann startet die Chefin wieder mit finsterer Miene die Aktion "mein Heim soll schöner werden". Ich verschwinde schleunigst mit traurigem Dackelblick und hängenden Ohren in meinem Häuschen und komme erst am Abend wieder heraus, wenn die Hitze endlich nachgelassen hat.

Fussballfieber

Zurzeit führe ich ein richtiges Hundeleben. Die Fußball-WM läuft auf Hochtouren, daher sind die Herrschaften nicht mehr ansprechbar. Ich muß dankbar sein, daß sie überhaupt noch Zeit finden, mich zu verpflegen und an meine alltäglichen "Geschäfte" denken. Am Anfang der WM war meine Welt noch in Ordnung, aber je weiter sich die deutsche Mannschaft nach vorne "kickte", umso verrückter wurden sie. Ich drücke jedes Mal der anderen Mannschaft die Pfoten, damit sie endlich unsere Mannschaft vom Platz ballern. Bringt nichts, die sind inzwischen über sich selbst hinausgewachsen. Die Chefin ist viel schlimmer, als der Boss. Sie richtet ihre Arbeit nach den Spielen. Beginnt das Spiel am Nachmittag, rennt sie vormittags schon hektisch durch die Wohnung. Bis jetzt ist es dem Boss und mir nicht gelungen, sie ruhig zu stellen. Bereits eine Stunde vor Anpfiff sitzt sie vor dem Fernseher und läßt das ganze Geschwätz über sich ergehen. Sobald die Spieler das Stadium betreten, "schreit" sie uns ohrenbetäubend auf unsere Plätze. Ich mache schleunigst den Abflug in meine "Höhle". Von mir aus könnten die Musiker 90 Minuten lang die Nationalhymne spielen, weil dies der einzige Moment ist, bei dem die Chefin friedlich bleibt. Ergriffen starrt sie mit tränenden Augen auf den Bildschirm. Sobald ein lauter Pfiff ertönt, komme ich wieder zum Vorschein. Immer wieder falle ich darauf herein. Das gilt nie mir, sondern der Schiedsrichter hat zum Angriff geblasen. Das ist der Moment, wo die Chefin außer Rand und Band gerät. Hat zwar keine Ahnung von den Spielregeln, regt sich aber über alles auf. Meine Vorgängerin, war übrigens ein ganz großer Fußball-Fan. Hat mit den Herrschaften stets die Spiele verfolgt und eines Tages selbst einen Fußball bekommen. Bei einer WM hat sie mit diesem Geschenk, fast das Wohnzimmer verwüstet. Ehe die Spieler richtig in Fahrt kamen, stand sie bereits mit dem Ball vor dem Gerät. Der Boss meinte, sie spielte besser als jeder Fußballer und vor allem wesentlich lauter. Bei diesem Geräuschpegel haben die Herrschaften nebst Freunden bei einem dieser Spiele nicht mal mitbekommen, daß die Deutschen ein Tor geschossen hatten. Mir haben sie auch einen Ball gekauft. Ich mag aber nicht spielen, ich liebe die "Zerstörung", das Material spielt dabei keine Rolle, wird sowieso alles kurz und klein gebissen. Ja, Freunde, ich freue mich schon jetzt auf den Tag, an dem die WM beendet, oder die Deutschen rausgeflogen sind und der ganz normale "Wahnsinn" wieder meinen Alltag bestimmt.

Putzteufel

Der Boss und meine Wenigkeit gehen der Chefin zurzeit aus dem Weg, sofern das überhaupt möglich ist. Kein ruhiges Plätzchen mehr, wo man sein müdes Haupt hinlegen kann. Es ist zum Weinen. Da sind nach langer Zeit einmal ein paar Feiertage in Sicht und was macht die Chefin? Sie schrubbt die geruhsamen Vorweihnachtstage in Grund und Boden; macht durch die ständige Unruhe alle Träume brutal zunichte.
Die Fenster werden so lange geputzt, bis sie anfangen zu singen. Die Gardinen strahlend weiß, wie frisch gefallener Schnee. Auf den von Shampoo triefenden Läufern, traut man sich nicht mehr, den abgenagten Knochen abzulegen. Leute, das tut weh. Die Chefin schreckt vor nichts zurück. Sie hat sogar die Betten in die Waschmaschine gezwängt und gebadet. Zum Glück waren sie abends wieder trocken, sonst hätten der Boss und ich uns im Hotel einquartiert.
Als sie auf dem Nachtlager zwecks Entseuchung der "Moskitos" nach dem "Himmel" griff, passierte es. Bei dieser sportlichen Disziplin verlor sie die Balance und fiel samt Moskitonetz in die Matratzen. Nun ja, so ein kleines Mißgeschick haut die Chefin nicht gleich um. Ich hatte mich leider zu früh gefreut. Nicht, daß ich ihr etwas Böses gewünscht hätte, aber so eine "klitze-kleine" Verletzung an den Händen wäre nicht schlecht gewesen. Allerdings, wie ich die Chefin kenne, wäre sie auch in der Lage, mit den Füßen zu putzen.
Das Ärgerliche kommt ja noch. Dem Putzwahn bereits völlig verfallen, katapultierte sie meine geliebten Kuscheltiere auch noch in die Waschmaschine. Wohlriechend, wie der junge Frühlingsmorgen erblickten sie wieder das Tageslicht. Man konnte sogar die einstigen Farben wieder erkennen, obwohl mich der Dreck nie gestört hat. Anstatt sich zu freuen, war die Chefin stinksauer. Die restlichen Innereien der zahlreichen Spielsachen, die ich nicht herausbekommen habe, lagen in der Trommel der Waschmaschine, das Sieb total verstopft. Da lag sie nun auf allen Vieren und quälte ihren Kreislauf, bis kein Krümel mehr zu finden war.
Die schönsten Momente in dieser hektischen Vorweihnachtszeit sind die Abende. Dann zieht sie sich endlich in ihr Arbeitszimmer zurück, der Boss und meine Winzigkeit haben endlich Ruhe. Nach dem abendlichen Spaziergang, kommt dann der Höhepunkt des Tages. Die Chefin holt den Adventskalender aus der Küche. Jawohl, Freunde, ihr habt richtig gelesen, es gibt Kalender für Hunde. Gemeinsam liegen wir auf dem frisch gereinigten Teppich und öffnen ein Fenster. Leider immer nur eines und das stört mich ungeheuerlich. Wir könnten doch alle Fenster auf einmal öffnen und jeden Tag einen neuen Kalender kaufen, oder seid ihr anderer Meinung?